Aus Solidarität zum Boykott

verfasst von
  • Michaela Wilhelm
veröffentlicht 22. Mai 2023

Zwischen der EFD  und evangelischen südafrikanischen Frauengruppen, wie etwa der Black Women’s Federation, bestand enger Kontakt. Als das Apartheidregime 1977 regierungskritische Gruppen verbot, sprach sich die Mitgliederversammlung der EFD für eine Solidarisierung mit den dortigen Aktivist:innen aus. Im Rahmen der DDF-Projektförderung 2022 konnten zentrale Bestände der EFD erschlossen und unter anderem für die Demokratie- und Protestforschung geöffnet werden. 

Die Anfänge

Als Protestform wählte die EFD den Boykott südafrikanischer Lebensmittel wie zum Beispiel Obst, Konserven oder Blumen. Die Aktion trug den Slogan „Kauft keine Früchte der Apartheid“. Angesprochen wurden damit in erster Linie Verbraucher:innen, aber auch Großhändler:innen, die ihre Ware aus Südafrika bezogen. Ziel war es einerseits, über das Regime in Südafrika und die Situation Schwarzer Menschen vor Ort aufzuklären, andererseits sollte die Aufmerksamkeit auf die bereits aktive Anti-Apartheid-Bewegung (AAB) in der Bundesrepublik gelenkt werden. Die AAB gründete sich hier um 1974 – die Projektgruppe der EFD stand mit ihr in engem Austausch und profitierte gerade zu Beginn ihrer aktiven Phase von ihren Strukturen und Netzwerken.

Infostand, Beratungsstelle für apartheidfreies Einkaufen‘ auf dem Kirchentag 1989 in Berlin
Quelle
Privataufnahme unbekannten Ursprungs; AddF Kassel / A-F-NLK33-423-9-01
Lizenz
Infostand ,Beratungsstelle für apartheidfreies Einkaufen‘ auf dem Kirchentag 1989 in Berlin.

Die Projektgruppe

Die Boykottaktion nahm schnell Fahrt auf, schon 1978 wurde innerhalb der EFD eine dauerhafte Projektgruppe aus zunächst Ehrenamtlichen gebildet, um die Koordinationsarbeit zu stemmen. Sie war verantwortlich für die Planung und Durchführung von Protestaktionen, die Koordination mit anderen Protestgruppen sowie die Herausgabe eines Rundbriefes. Dieser war Informationskanal der Projektgruppe und auch eine wichtige Quelle für andere Anti-Apartheid-Gruppen aus ganz Deutschland. Um ihre steigenden Ausgaben zu finanzieren, beantragte die EFD bei dem Ausschuss für entwicklungsbezogene Bildung und Publizistik des Kirchlichen Entwicklungsdienstes Fördergelder. Diese wurden zunächst gewährt, dann aber vom Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands entzogen. Dieser hielt Boykott als Methode für unangebracht und bat von der Aktion „Abstand zu nehmen“. Die EFD sammelte stattdessen Spenden, um sich darüber selbst zu finanzieren. Die Auseinandersetzung mit der Kirche führte zu weiterer Aufmerksamkeit für die Aktion.

Die Vielfalt des Protests

Neben dem Boykott von Früchten initiierte die Projektgruppe Unterschriftenaktionen, Straßenstände, Demonstrationen, Gottesdienste und Mahnwachen. Es sollten möglichst viele Menschen angesprochen werden. Von 1979 an fanden jährliche Aktionswochen in Zusammenarbeit mit anderen Anti-Apartheid-Gruppen statt. Beginnend mit dem Boykott der sogenannten Krügerrand-Münze weitete sich der Protest allmählich auf das Bankenwesen aus. Vor deutschen Banken, die mit dem Regime kooperierten, wurde öffentlich demonstriert und Kund:innen zur Auflösung ihrer Konten aufgefordert. Daraus entwickelte sich ein jährlicher gemeinsamer Banken-Aktionstag der AAB.

Die deutschen Protestaktionen liefen bis in die 1990er Jahre. In Südafrika vollzog sich allmählich ein politischer Wandel, der die Apartheidgesetze Stück für Stück zurücknahm, während gleichzeitig neue Krisenthemen, wie der Zerfall der Sowjetunion, aufkamen. Für die breite deutsche Öffentlichkeit verlor das Thema an Brisanz. Dies wirkte sich auf alle Gruppen der AAB aus, auch auf die der EFD: Spendeneinnahmen gingen deutlich zurück und die Projektgruppe musste ihre aktivistische Arbeit nach über 14 Jahren 1992 einstellen. In diesem Zeitraum gelang es ihr jedoch, Menschen in ganz Deutschland mit Südafrika und der AAB zu verbinden.

Das AddF besteht seit 1983 in Kassel. Es betreibt ein Forschungsinstitut und Dokumentationszentrum zu Frauenbewegungen und Frauengeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Neben einer Spezialbibliothek unterhält es ein umfangreiches Archiv, in dem Bestände von Frauenvereinen und -organisationen sowie Nachlässe ihrer Protagonist:innen gesammelt werden.

Das DDF-Projekt startete am 1. Januar 2022 und hatte eine Laufzeit von 12 Monaten  – die Gesamtbearbeitung des EFD-Bestandes erfolgte ab 2021. Dabei wurden Materialien bearbeitet und erschlossen, Rechte geklärt, digitalisiert, Essays verfasst und schließlich in den META-Katalog und das DDF integriert. 

Ausgewählte Inhalte vom AddF in DDF und META:


 

Stand: 22. Mai 2023
Lizenz (Text)

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