Widerstand und Funk ‘n Flug

veröffentlicht 17. September 2020

Die Bochumer Einrichtungen ausZeiten und LIESELLE beschäftigen sich in ihrem aktuellen DDF-Kooperationsprojekt mit feministischem Widerstand und Gegenöffentlichkeit im Ruhrgebiet und darüber hinaus. Das Archiv ausZeiten stellt dabei den Hunsrück in den Mittelpunkt und die Frauenbibliothek LIESELLE FrauenLesbenradios der 1990er Jahre, wie Radio Funk ‘n Flug und Radio Dauerwelle. Beide i.d.a.-Einrichtungen besitzen die entsprechenden Nachlässe. Diese bestehen u.a. aus Flugblättern, Protokollen, Plakaten und Sendungsaufzeichnungen. Die Materialien lassen die Geschichte von Widerstand und Gegenöffentlichkeit lebendig werden. Aktionen und Sendungen waren thematisch sehr vielfältig.

So gab es im Hunsrück von 1983 bis 1993 das Frauenwiderstandscamp. Entstanden ist es wegen der Stationierung von Atomraketen in Hasselbach während des Kalten Krieges. Die Frauen wollten mit ihrem Protest deutlich machen, dass eine atomare Aufrüstung am Ende keine Leben schützt. Ihre Aktionen waren mitunter spektakulär, wie beispielsweise die eintägige Besetzung eines Baukrans. Für viele von ihnen ist bis heute Widerstand eine Lebensform. Sie haben sich in den kleinen Dörfern um den Hunsrück niedergelassen. Dort haben sie auch den ersten Frauennotruf in der Region ins Leben gerufen. 

Materialien, bestehend aus Heften und Kassetten
ausZeiten e.V.
Lizenz
Rechteangabe
Einblick in den Hunsrück- und Funk'n Flug-Bestand

Auch das FrauenLesbenRadio Funk ’n Flug aus Bochum erzeugte mit feministischen Beiträgen Gegenöffentlichkeit. Von 1994 bis 1998 sendete das Radio einmal monatlich. In der Sendung vom 4.9.1995 gab es beispielsweise eine Liveschalte aus dem Nordwestbad in Bochum-Hamme. Dort hatten Aktivist*innen das Freibad besetzt. Hintergrund dieser Aktion war, dass Frauen und Mädchen sich dort nicht sicher fühlten. Deshalb wurde gefordert, das Bad einmal wöchentlich nur für sie zu öffnen. Mit O-Tönen und Interviews lässt sich bis heute das rege Treiben nachhören. Durch eine glückliche Fügung hat LIESELLE in der Projektlaufzeit außerdem einen kleinen Nachlass vom FrauenLesbenradio Dauerwelle aus Duisburg durch ausZeiten erhalten. Bilder und Dokumente eröffnen weitere Einblicke in die feministische Radioarbeit der 1990er Jahre.

Das feministische Archiv ausZeiten eröffnete 1995 als Projekt der autonomen Frauen/Lesbenbewegung. LIESELLE ist eine studentische Frauenbibliothek und gleichzeitig Archiv an der Ruhr-Universität Bochum und wurde 1978 gegründet. Die Bestände und Sammelschwerpunkte beider Einrichtungen ergänzen sich. Die zwei Bochumer Archive sind – zusammen mit dem Spezialarchiv von Madonna e.V. zu Sexarbeit – die einzigen aktuell arbeitenden Frauenarchive im Ruhrgebiet.

Das DDF-Kooperationsprojekt von ausZeiten und LIESELLE ist am 1. Januar 2020 gestartet und hat eine Laufzeit von 12 Monaten. Dabei werden Interviews durchgeführt, ein Hörbeitrag konzipiert, Rechte geklärt und Objekte digitalisiert. Außerdem kreiert ein Künstler*innenkollektiv in Auseinandersetzung mit den Radiosendungen Audioclips – für noch mehr Frauen-/Lesbenbewegungsgeschichte im DDF.

Erste thematische Einblicke gibt es vom 4. Oktober 2020 bis 10. Januar 2021 unter dem Titel *Widerstand auf Wiesen und Wellen* in einer Ausstellung im Bochumer Stadtarchiv.

Ausgewählte Beiträge von ausZeiten und Lieselle aus früheren DDF-Förderprojekten:

Stand: 17. September 2020
Lizenz (Text)

Verwandte Themen