„Alle Frauen sind mutig, stark, schön!“

verfasst von
  • Sabine Balke Estremadoyro
veröffentlicht 19. September 2019

Vor 35 Jahren gründete Ute Leukert mit anderen Frauen die Leipziger Gruppe Frauen für den Frieden,  sie wurde gegen die Militarisierung der Gesellschaft aktiv. Am 4. September 1989 entrollten Katrin Hattenhauer und Gesine Oltmanns vor der Nikolaikirche in Leipzig ein Transparent: „Für ein offenes Land mit freien Menschen“ stand darauf. Die Aktion wurde zum Auftakt der großen Montagsdemonstrationen.

Frauen machen Geschichte ist das Motto von i.d.a., dem Verband der Frauenarchive. Es gilt auch für die Friedliche Revolution.

Sabine Balke Estremadoyro, Vorstand i.d.a., Geschäftsführung DDF
Rotmi Encizo / Digitales Deutsches Frauenarchiv
Sabine Balke Estremadoyro, i.d.a.-Vorstand und DDF-Geschäftsführung

 

Im Juni lud i.d.a. nach Leipzig zur Feministischen Sommeruni: Zeitzeuginnen wie Katrin Hattenhauer und Ute Leukert waren zu Gast. In den anstehenden Gedenkveranstaltungen sollten Frauen zu Wort kommen. 

Das Erinnern an 1989 ist aber nicht nur mit Blick darauf, wer spricht, oft verkürzt. Frauen protestierten nicht nur gegen die Diktatur und brachten sie (mit) zu Fall. Als es darum ging, den Umbruch zu gestalten, organisierten sie sich. Sie gründeten im Dezember 1989 den Unabhängigen Frauenverband, der ab Januar 1990 an den Runden Tischen beteiligt war und im März 1990 zur ersten freien Wahl der DDR-Volkskammer antrat. Auf den Wahlplakaten stand: „Alle Frauen sind mutig, stark, schön!“ Die Grafik dazu kam von Anke Feuchtenberger. Im Digitalen Deutschen Frauenarchiv des i.d.a.-Dachverbandes kann jede*r die Plakate und die Geschichte dazu entdecken: Schauen Sie doch mal rein!

Vieles, was im Alltag von Frauen in Ostdeutschland selbstverständlich war, hatten auch westdeutsche Frauen auf ihrem politischen ,Wunschzettel‘: Vom Recht auf Erwerbsarbeit über umfassende Kinderbetreuung bis zum liberalen Recht auf Abtreibung. Mit der ,Wende‘ verloren ostdeutsche Frauen auch einen Emanzipationsvorsprung. Doch es kann nur wirklich werden, was zuvor gedacht wurde, heißt es. Die Forderungen ostdeutscher Frauen verknüpften 1989/90 die Demokratiefrage mit tatsächlicher Gleichberechtigung auf allen Ebenen. Sie verbanden sich mit westdeutschen und wirkten weiter. Die gesamte Republik hat sich verändert: vom Rechtsanspruch auf den Kita-Platz bis zum Rückkehrrecht auf Vollzeit.

DDR-Geschichte wird oft nur als Geschichte der Diktatur erzählt. 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution ist es Zeit, auch an die mit der Demokratiebewegung verwobene Frauenbewegung zu erinnern.
 

Stand: 19. September 2019

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