Carola Lohde Geboren 12. Februar 1889 in Berlin Gestorben 1959 in München

Über Carola Lohde

Carola Lohde war eine Weggefährtin von Marie Kundt, der Direktorin (1913–1932) der Photografischen Lehranstalt des Lette-Vereins. Doch bislang ist wenig bekannt über Carola Lohdes Herkunft und Bildungsweg, einer engagierten Fotografin, Politikerin und Verbandsfachfrau für technische Assistentinnen.

„Mit jugendfrischer Kraft und Liebe widmete sie sich dieser Aufgabe“ – so beschrieb Anna Köppen 1921 ihre Kollegin Carola Lohde1, Geschäftsführerin des Clubs der ehemaligen Schülerinnen der Photographischen Lehranstalt. Die jungen Frauen feierten die Einweihung des neuen Clubheims, hatten sich um 1900 als Schülerinnen der Photographischen Lehranstalt kennengelernt, waren später dort Assistentinnen und Lehrerinnen geworden und gestalteten nun das Clubleben als Ehemalige mit.2 Carola Lohde war ab 1910 Leiterin der ersten in der Photographischen Lehranstalt für Frauen eingerichteten Männerklasse, ab 1917 stellvertretende Direktorin und ab 1932 nach dem Tod ihrer Freundin Marie Kundt kommissarische Direktorin der Lehranstalt. 1934 wurde ihre Berufslaufbahn durch die personelle Neuordnung der Leitungsebene unterbrochen, möglicherweise durch eine politisch motivierte Intrige. Während des Ersten Weltkriegs war Carola Lohde aktiv bei der Rekrutierung von Technischen Assistentinnen für die Front. Als sich ab 1916 in Deutschland, unterstützt durch das Militär, erste Betriebsräte in kriegswichtigen Betrieben bildeten, griff sie diese Idee auf. Sie war 1918 Mitglied des ersten Betriebsrates im Lette-Verein, der vollständig aus Frauen bestand, obwohl es auch männliche Lehrkräfte und Angestellte gab.3

Frida Schuster-Model, Carola Lohde (stehend), Katharina von Haxthausen, Lilly Hauff (stehend), Marie Kundt, Caecilie Seler-Sachs und Hermann Hüttenhein
Archiv des Lette Vereins Berlin, Familienbesitz Quermann Berlin, Aufgenommen von Marie Manegold 1918
von links nach rechts: Frida Schuster-Model, Carola Lohde (stehend), Katharina von Haxthausen, Lilly Hauff (stehend), Marie Kundt, Caecilie Seler-Sachs und Hermann Hüttenhein sowie drei nicht identifizierte Herren vermutlich bei einer Sitzung der Kommission der Photographischen Lehranstalt. 1918

Die im Krieg gewachsene Wertschätzung für den Beruf der Technischen Assistentinnen galt es nun während der Demobilisierung zu erhalten und auszubauen. Carola Lohde versuchte, die Berufsgenossinnen für den Kampf um ihre Arbeitsplätze mit Argumenten, Fachwissen und Mut auszustatten.

Sie war politisch in der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) aktiv. Als mit der Einführung des Frauenwahlrechts im November 1918 die deutschen Frauen gleichberechtigte Staatsbürgerinnen wurden, stellte Carola Lohde sich zur Wahl und wurde im Januar 1919 eine der ersten weiblichen Stadtverordneten in Schöneberg.4 Ihre Positionen in der DNVP und in ihrer Abgeordnetenfunktion sind aus den bisher bekannten Quellen nicht ersichtlich. 1919 konnte sie die Gründungsversammlung des Bundes der Organisationen der technischen Assistentinnen an wissenschaftlichen Instituten (BOTAWI), dessen Geschäftsführerin sie mit kurzer Unterbrechung bis 1933 blieb, im Rathaus Schöneberg organisieren. Im BOTAWI, der später zum Reichsverband der Technischen Assistentinnen (REVETA) umgebildet wurde, setzte sie sich für gleichberechtigte Zugänge zu Berufsbildung und Fortbildung ein, engagierte sich für die staatliche Anerkennung von Berufsabschlüssen der Technischen Assistentinnen und vor allem für Tariflöhne in Frauenberufen. In der Zeitschrift des Berufsverbandes Die Technische Assistentin finden sich eine Reihe von Artikeln und Protokollnotizen Lohdes zu Tarif- und Versicherungsfragen, Arbeitsschutz, Urlaubs- und Rentenansprüchen der Berufsangehörigen. Sie sammelte Material über Lohnungleichheit bei männlichen und weiblichen Berufsangehörigen und trat für gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen am Berufsleben im Rahmen der gegebenen staatlichen Ordnung ein. Für den Zugang zu Arbeitsplätzen und für die Entlohnung sollten nur sachliche und fachliche Kriterien gelten. Während sich in der Weimarer Republik die Gewerkschaften als Tarifpartner durchsetzten, sah Lohde beharrlich den Berufsverband als passenderen und stärkeren Verhandlungspartner für die Tarife der Technischen Assistentinnen an.

Als Delegierte des Berufsverbandes der Technischen Assistentinnen arbeitete sie in Arbeitsgruppen des Arbeitsamtes und des Bundes der Deutschen Frauenvereine (BDF) mit, nahm an Konferenzen teil und besuchte – oft gemeinsam mit der Verbandsvorsitzenden Marie Kundt – die Ortsgruppen.

Dass sie 1929 die Feier zum 10. Jubiläum des BOTAWI moderieren durfte, wird Carola Lohde mit Freude und Stolz erfüllt haben. Ausführlich wird in der Zeitschrift Die Technische Assistentin vom Jubiläum und den Reden berichtet.5

Im selben Jahr reiste Carola Lohde zusammen mit Marie Kundt zur Tagung des BDF nach Königsberg, und so gab es eine Gelegenheit des Wiedersehens mit der dortigen Gruppe ehemaliger Lette-Schülerinnen.6

Es folgten schwierige Jahre, die durch Wirtschaftskrise, große Anstrengungen für die Lehranstalt und den Berufsverband gekennzeichnet waren. Carola Lohde übernahm in beiden immer mehr Verwaltungsarbeit. Nach dem Tod von Marie Kundt, der Lebensgefährtin und Kollegin, wurde sie 1932 ihre Nachfolgerin im Amt der Direktorin der Lehranstalt. Als Geschäftsführerin des Berufsverbandes arbeitete sie seit 1929 mit der neuen Vorsitzenden Thusnelda Lang-Brumann zusammen. Beide legten 1933 ihre Ämter nieder7, weil sie die Gleichschaltung des Verbandes offenbar nicht mittragen wollten. Nachdem Lohde auch die Wohnung verlassen musste, in der sie gemeinsam mit Marie Kundt gewohnt hatte, und ihre Stellung an der Photographischen Lehranstalt aufgegeben hatte8, lebte sie bei Thusnelda Lang-Brumann in München und unterstützte diese nach 1945 bei deren Arbeit in der CSU und beim Aufbau der Frauen-Union.9

Ausflug mit Schülerinnen und Lehrkräften. - Foto enthalten in den Erinnerungen von Anna Köppen. - keine Datierung, um 1911
Archiv des Lette Vereins, Signatur: LV_A_ 227_02
Ausflug mit Schülerinnen und Lehrkräften. Foto enthalten in den Erinnerungen von Anna Köppen, um 1911

Die Quellen zu Carola Lohde stellen einen interessanten Fundus für die weitere Forschung zu weiblichen Berufsbiografien dar. Bisher ist zur Herkunft und zum frühen Bildungsweg Carola Lohdes nichts bekannt. Nicht geklärt sind ihre Positionen als Abgeordnete, die Umstände ihres Ausscheidens aus dem Berufsleben 1934 und die Tätigkeit bis 1945. Folgende Arbeiten könnten diese Lücken schließen und die Geschichte der Frauenbewegung um neue Aspekte zur Frauenerwerbstätigkeit ergänzen.

Veröffentlicht: 07. April 2020
Verfasst von
Jana Haase

*1966, Diplombibliothekarin, MA Russistik, Bulgaristik, Europäische Ethnologie, seit 2003 für Bibliothek und Archiv im Lette Verein Berlin tätig
Einrichtung: Lette Verein Berlin, Stiftung des öffentlichen Rechts

 

Empfohlene Zitierweise
Jana Haase (2024): Carola Lohde, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv
URL: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/akteurinnen/carola-lohde
Zuletzt besucht am: 08.10.2024

Netzwerk von Carola Lohde

Zitate von Carola Lohde

Biografie von Carola Lohde

12. Februar 1889

Geburt in Berlin

um 1905

Schülerin der Photographischen Lehranstalt im Lette-Verein

1910

Leiterin der neu eröffneten Männerklasse in der Photographischen Lehranstalt

1917

Stellvertretende Direktorin der Photographischen Lehranstalt

1917 - 1934

Wohnung mit Marie Kundt am Schöneberger Viktoria-Luise-Platz 6

1918

Mitglied des ersten Betriebsrats im Lette-Verein

1918

Frauenwahlrecht, Carola Lohde stellt sich in Schöneberg für die DNVP zur Wahl

1919

Abgeordnete der DNVP in Schöneberg

1919

Mitarbeit bei der Gründung des BOTAWI „Bund der Organisationen Technischer Assistentinnen“ und Entwicklung des Verbands zur Tariffähigkeit

1921

Der BOTAWI verhandelt höhere Tarife für die Technischen Assistentinnen bei der Besoldungsreform

1921 - 1933

Mit Unterbrechungen Mitglied des Vorstands und Geschäftsführerin des Berufsverbandes der technischen Assistentinnen

1929 - 1930

Mitarbeit bei der Umwandlung des BOTAWI in den REVETA „Reichsverband der Technischen Assistentinnen“

26.01.1930

Gründung des REVETA „Reichsverband der Technischen Assistentinnen“

1932

Nach dem Tod von Marie Kundt kommissarische Direktorin der Photographischen Lehranstalt

1934

Verlust von Wohnung und Stelle in Berlin, Umzug zu Thusnelda Lang-Brumann nach München

nach 1945

Unterstützung von Thusnelda Lang-Brumann beim Aufbau der CSU

1955 - 1959

Letzte Lebensjahre in München nach dem Tod von Thusnelda Lang-Brumann

1959

Tod in München

Fußnoten

  1. 1 Köppen, Anna: Die Einweihung des Erholungsheims des Clubs in Wolfshagen, in: Die Technische Assistentin, Berlin Jg. 2, 1922, H. 7, S. 56.
  2. 2 Lette Verein, Archiv LV_A_104_02.
  3. 3 Lette-Verein (Hg.): Jahresbericht des Lette-Vereins. Nr. 46. Berlin 1918, S. 12.
  4. 4 Berlin-Schöneberger Tageblatt, Nr. 46, 24. Februar 1919.
  5. 5 Die Delegiertentagung, in: Die Technische Assistentin, Berlin 9. Jg., 1929, H. 21, S. 330.
  6. 6 Michelau, Helene: Ortsgruppe Königsberg, in: Die Technische Assistentin, 9. Berlin Jg., 1929, H. 22, S. 361.
  7. 7 Fleck: Die Reichsfachschaft Technische Assistentinnen, in: Die Technische Assistentin, 13. Jg., 1933, H. 5, S. 134.
  8. 8 Gebundene Briefe an Marie Kundt, Lette Verein Berlin, Archiv LV_A_0_27_05.
  9. 9 Reuter-Boysen, Christiane: Thusnelda Lang-Brumann (1880–1953), in: Zeitgeschichte in Lebensbildern, Band 12, Aschaffenburg 2011, S. 60

Ausgewählte Publikationen