Über Rosa Luxemburg
Als die promovierte Volkswirtin Rosa Luxemburg 1898 nach Berlin kommt, beginnt eine einzigartige Karriere in der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung. Ungewöhnlich, denn als Frau, Jüdin und leicht behindert, war sie dreifach stigmatisiert. Sie ist klug, gebildet, leidenschaftlich, eine glänzende Rednerin und brillante Journalistin. Sogleich wird ihr die Redaktion der Sächsischen Zeitung angetragen. „Was denn! Unterrockpolitik!“ wird damals protestiert. Sie nimmt an den Parteitagen der SPD teil und bestimmt die Politik der Sozialdemokraten in Polen, ist Delegierte bei den Kongressen der II. Internationale und ab 1903 Mitglied des Internationalen Sozialistischen Büros. Sie lehrt an der Parteischule der SPD in Berlin, unternimmt Redetourneen durch Deutschland und spricht nicht selten vor ein- bis zweitausend Menschen. „Genial“ und die „Göttliche“ wird sie genannt, und für Lenin ist sie der „Adler der Revolution“.
Als führende Theoretikerin der jungen Generation setzt sie sich in ihren Schriften erbittert mit dem beginnenden Reformismus in der Sozialdemokratie auseinander. Mit ihrer bedingungslosen Haltung zum Krieg und zu den Kriegskrediten provoziert sie 1914, zusammen mit Liebknecht, Mehring, Zetkin u. a. die Spaltung der SPD. Wegen ihrer Aufrufe zur Befehlsverweigerung wird sie ab 1914 die meiste Zeit im Gefängnis verbringen. In ihren in der Haft verfassten Schriften begrüßt sie die Oktoberrevolution, warnt aber vor einer Diktatur der Bolschewiki mit dem berühmten Satz „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“.
Im November 1918, gerade aus dem Gefängnis entlassen, erlebt sie in Berlin die Ausrufung der Räterepublik. Am 1. Januar 1919 ist sie beim Gründungsparteitag der KPD dabei, deren erstes Programm aus ihrer Feder stammt. Am 5. Januar beginnt der „Spartakusaufstand“ – nach einer Woche von der Reichswehr blutig niedergeschlagen. Luxemburg hatte vor der verfrühten Durchführung eines Aufstandsversuchs gewarnt. Trotzig schreibt sie am 14. Januar 1919 über die Revolution: „Ich war, ich bin, ich werde sein“. Einen Tag später ist sie tot, zusammen mit Karl Liebknecht von deutschen Soldaten ermordet. Ihre Leiche wird in den Berliner Landwehrkanal geworfen und erst Monate später aufgefunden. „Es stimmt, ich habe verdammte Lust, glücklich zu sein ...“, schrieb sie einmal an Leo Jogiches. Die Beziehung zu ihm scheiterte, ebenso die zu dem 14 Jahre jüngeren Kostja Zetkin und zu Paul Levi. Privates Glück war ihr, die Oper, Theater, Musik, Literatur, Natur, die FreundInnen mit der gleichen Leidenschaft liebte wie die Revolution, nicht vergönnt.