Unerschrocken humanistisch: Kinostart von PETRA KELLY – ACT NOW!
PETRA KELLY – ACT NOW! bringt eine politische Aktivistin wieder auf die Agenda, die in ihrem Kampf für Frauenrechte und Klimaschutz und ihrer internationalen Ausrichtung und Vernetzung eine Ausnahmeerscheinung war. Petra Kelly (1947–1992) war ihrer Zeit weit voraus, als erste Frau überhaupt erhielt sie den Alternativen Nobelpreis – noch heute ist sie ein Vorbild für viele junge, engagierte Menschen, die sich für die Klima- und Umweltrettung, Menschenrechte und Frieden einsetzen.
Petra Kelly glaubte daran, dass ein einzelner Mensch die Welt verändern kann. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges 1982 brachte sie Hunderttausende auf die Straße, um gegen die Stationierung von Atomraketen auf westdeutschem Boden zu protestieren. Sie wurde nicht nur als Mitbegründerin von DIE GRÜNEN berühmt, sondern auch als Akteurin, die in der Lage war, eine bewegende, humanistische Politik zu begründen – ohne Angst vor jeglicher politischer Debatte oder Konvention.
Sie wurde zur Symbolfigur der Friedensbewegung in Europa und war dabei sowohl im Austausch mit ostdeutschen Intellektuellen wie Wolf Biermann als auch mit internationalen Mitstreiter*innen wie Joan Baez oder dem Dalai Lama. Bereits vor 40 Jahren forderte sie unerbittlich die radikale Transformation der Gesellschaft. Dabei waren Umwelt-, Friedens- und Menschenrechtsfragen für sie gleichbedeutend.
„Es ist doch falsch, immer und ewig auf bessere Umstände zu warten. Wenn ich permanent warte, wird sich nie was verändern.“
Petra Kelly, 1986
„Mein größter Schock war und ist die Aktualität und die Modernität von Petra Kellys politischem Denken und Handeln“, meint Regisseurin Doris Metz. „Ihr globales Agieren und ihr Weitblick, ihre Überzeugung, dass die Krisen unserer Zeit, all die Kriege, Menschenrechtsverletzungen und Zerstörungen von Natur und Umwelt zusammen gedacht werden müssen und dass man Lösungen international auf UN-Ebene anstreben muss. Frauenrechte und selbst den Gender-Pay-Gap hatte sie schon auf dem Schirm. Eigentlich gibt es nichts in unserer Multikrisen-Gegenwart, worüber Petra Kelly nicht bereits vor 40 Jahren nachgedacht und ein Umdenken gefordert hat.“
In der Recherche zum Stoff lernte auch Metz als Regisseurin die Persönlichkeit Petra Kellys vertieft kennen: „Ich wusste, dass Petra Kelly mutig und radikal in ihrem politischen Denken und Handeln war. Eine Überraschung war für mich, dass sie diese Radikalität auch im Privatleben und in Liebesdingen lebte. Bürgerliche Moralvorstellungen von Ehe und Familie interessierten Petra Kelly nicht.“
Eine Recherche, die auch auf umfangreiches Material zurückgreifen konnte: „Umgehauen hat mich auch die unglaubliche Menge an Korrespondenz“ so Metz. „Das kann man sich gar nicht vorstellen, über 150 Regalmeter Archivgut umfasst der Nachlass von Petra Kelly, der heute Teil des Archiv Grünes Gedächtnis der Heinrich Böll Stiftung ist. Ein besonderes Highlight war für mich Petra Kellys Korrespondenz mit Erich Honecker, dem Staatsratsvorsitzenden der DDR. Höflich im Ton, aber politisch scharf und unerbittlich, kämpft sie für ihre Bürgerrechtler-Freunde hinter der Mauer. Sie nennt Unrecht beim Namen, rettet zig Leute aus den Stasi-Fängen und trifft den Ton, um mit Honecker in einen echten Dialog zu treten. Das war eine ihrer großen Begabungen. Es scheint fast so, dass sie Honecker auf einer ,privateren‘ Ebene als Mensch erwischt hat.“
Aktuelle Bezüge zieht der Film auch in Fragen von Antifeminismus und rechter, antidemokratischer Bedrohung, die bereits Petra Kelly entgegenschlug. Metz kämpfte sich durch Berge von Unterlagen in Archiven, sprach mit Zeitzeug*innen bis immer klarer wurde, dass Petra Kelly von einer frühen Organisation der heutigen amerikanischen Far Right-Bewegung, der LaRouche Organisation, die auch in Deutschland aktiv war, jahrelang massiv bedroht und verfolgt worden ist.
„Lyndon LaRouche, zweimaliger US-Präsidentschaftskandidat, war quasi ein Vorgänger von Trump“, erklärt Metz. „Der Durchbruch für die filmische Erzählung war der Fund einer ,List of Harrassment‘ im Nachlass von Petra Kelly. Für eine Verleumdungsklage gegen die LaRouche Organisation hat Petra Kelly für ihren damaligen US-Anwalt Ramsey Clark minutiös auf 23 Seiten die jahrelange Verfolgung, Bedrohung und den Psychoterror durch die rechtsextreme US-Bewegung auf der ganzen Welt zusammengestellt. So wurde aus diesem Aspekt ein zentraler Erzählstrang im Film, der Petra Kelly auf traurige Weise mit der politischen Gegenwart verbindet, wo Hass und die reale Bedrohung von Klimaaktivist*innen und grünen Politiker*innen durch rechtsextreme Identitäre und AfD-Klimaleugner Tag für Tag massiver werden. Luisa Neubauer braucht heute Bodyguards bei öffentlichen Auftritten.“
Petra Kelly wuchs in den vom Rassismus geprägten USA der 1960er-Jahre auf und arbeitete als Studentin in den Monaten vor seiner Ermordung im Wahlkampfteam von Robert Kennedy. Ihr Vorbild war Martin Luther King, dessen Philosophie des zivilen Ungehorsams sie nachhaltig prägte. Das TIMES-Magazin wählte sie auf die Liste der 1.000 bedeutendsten Personen des 20. Jahrhunderts. Tragisch und bis heute nicht vollständig deutlich kommuniziert: die Umstände ihres Todes – mehr als wahrscheinlich ein Femizid durch ihren Lebensgefährten Gert Bastian, der ihr und sich 1992 mit einer Schusswaffe das Leben nahm.
Der politisch reflektierende Kinodokumentarfilm erzählt von einer der wirkmächtigsten Persönlichkeiten in der alten Bonner Republik. Mit noch nie gezeigten internationalen Archivbildern destilliert er die Beweggründe und Gefühle heraus, die Petra Kellys Handeln geleitet haben und macht Brüche, Ambivalenzen und innere Widersprüche der Hauptfigur und der Zeit bzw. des Zeitgeistes sichtbar. Dabei sprechen enge Freund*innen, Familie und Wegbegleiter*innen erstmals über das private und politische Leben von Petra Kelly, u.a. Luisa Neubauer, Eva Quistorp, Ina Fuchs, Otto Schily, Lukas Beckmann, John Kelly u.v.a.
Viele Themen, die in dieser Kinodokumentation angesprochen werden, begleiten die feministischen Bewegungen seit langer Zeit: der Kampf gegen den Antifeminismus, die Verbindung von Umwelt- und Frauenbewegung, Gewalt gegen Frauen bis zum Femizid u.v.m. Petra Kelly war eine #unerschrockene Kämpferin für humanistische Politik und demokratische Werte. „Meine große Hoffnung ist es“, so Metz, „mit dem Film auch einen Diskurs zwischen den Generationen anzustoßen und Petra Kellys politisches Vermächtnis, ihr Brennen für eine andere, gerechtere, bessere Welt, weiterzutragen.“ Ein wichtiger Film, der als Aufruf zu verstehen ist - ACT NOW!
Ab dem 12. September startet PETRA KELLY – ACT NOW! bundesweit in den Kinos.