Unerschrocken für Gleichberechtigung: Kinostart von DIE UNBEUGSAMEN 2
Mit seinem Dokumentarfilm-Hit DIE UNBEUGSAMEN setzte Regisseur Torsten Körner den Politikerinnen der Bonner Republik und ihrem Kampf um politische Teilhabe ein filmisches Denkmal – fast 200.000 Zuschauer*innen strömten in die Kinos. Nun richtet er seinen Blick mit der Fortsetzung DIE UNBEUGSAMEN 2 – GUTEN MORGEN, IHR SCHÖNEN! auf die andere Seite der Mauer und zeichnet ein lebhaftes Gruppenporträt ostdeutscher Frauen aus den verschiedensten Gesellschaftsbereichen der DDR.
„Die Idee, einen Film über ostdeutsche Frauen zu machen, entstand bereits während der Dreharbeiten zum ersten Teil DIE UNBEUGSAMEN“, reflektiert Körner, Drehbuchautor und Regisseur, selbst über die Entstehung der Fortsetzung. „Kann man sich, fragte ich mich damals, so sehr auf westdeutsche Politikerinnen konzentrieren, ohne die DDR in den Blick zu nehmen? Als der Film DIE UNBEUGSAMEN schließlich im August 2021 in die Kinos kam, sind wir gelegentlich gefragt worden, warum wir die ostdeutschen Frauen ausgespart hätten.“
Nach Körner hätte eine Nebeneinanderstellung weder die dramaturgische Intensität noch die historische Wucht erreicht. „Und wie hätte man eine Bundestagsabgeordnete und eine Volkskammerabgeordnete direkt miteinander vergleichen sollen? Man hätte wohl beide in ihrer Biografie und Praxis verfehlt. Nur die konzentrierte Betrachtung des jeweiligen Teil Deutschlands, die ,dichte Beschreibung‘ seines Gefüges, seiner Koordinaten und Möglichkeitsräume macht es möglich, die Protagonistinnen und ihre Leben angemessen wahrzunehmen.“
Für die Vorstellung unbeugsamer Frauen in der DDR musste Körner eine andere Herangehensweise wählen: „Nur die letzte Volkskammer der DDR war 1990 frei gewählt, nur in der letzten Volkskammer konnten die Abgeordneten frei sprechen“, so der Regisseur. „Nur im letzten Parlament der DDR saßen Abgeordnete unterschiedlicher Parteien, die ohne ein autoritäres Diktat und ohne vorgegebene Doktrin arbeiten und diskutieren konnten. Daher sahen wir keine Möglichkeit, den Film DIE UNBEUGSAMEN mit der gleichen Ensemble-Formel zu wiederholen. Es sprach daher viel dafür, das Ensemble für diesen Film anders anzulegen, den Politikbegriff zu weiten und auch andere gesellschaftliche Bereiche in den Blick zu nehmen.“
Gezeigt werden in diesem Teil daher Frauen in verschiedenen Lebenswelten der DDR, die um Gleichberechtigung stritten, Benachteiligung nicht in Kauf nehmen wollten, mit strukturellen Herausforderungen rangen und trotz einer fortschrittlichen Frauenpolitik mit dem Patriarchat zu ringen hatten. „Frauen“, so Körner, „waren auch in der DDR im Durchschnitt schlechter bezahlt, sie leisteten mehr Familienarbeit, sie gelangten seltener in höhere Berufspositionen, sie waren von höchsten politischen Ebenen nahezu ausgeschlossen und trotz massiver Förderung hatten sie nicht die gleichen Aufstiegschancen wie die Männer. Das sind Ergebnisse des Frauenreports ´90, den die Gleichstellungsbeaufragte Dr. Marina Beyer (heute Grasse) damals in Auftrag gab.“
Bereits 1949 war in beide deutsche Verfassungen die Gleichberechtigung von Mann und Frau aufgenommen worden. Dennoch klaffen die Rechte und Lebenswirklichkeiten von Frauen in der BRD und DDR auseinander: Während zum Beispiel Berufstätigkeit, externe Kinderbetreuung und die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs zur Realität der Frauen in der DDR gehören, dauert die (rechtliche) Umsetzung der Gleichberechtigung in vielen Bereichen in der BRD noch bis in die 1980er-Jahre an – und ist bis heute nicht vollständig erreicht.
Trotz der besseren rechtlichen Grundstellung regierte auch in der DDR das Patriarchat. Das belegen auch die Erzählungen dieser 15 selbstbewussten Frauen in DIE UNBEUGSAMEN 2. Mit dabei sind: Brunhilde Hanke, langjährige Oberbürgermeisterin von Potsdam, die Landwirtin und „Heldin der Arbeit“ Solveig Leo, die DEFA-Regieassistentin Barbara Mädler, die Historikerin und Publizistin Annette Leo, die Malerin Doris Ziegler, die Verhaltensbiologin Marina Grasse, die Schriftstellerin Katja Lange-Müller, die Punkerin Gabriele Stötzer, die Friedensaktivistin Ulrike Poppe, die Schauspielerin Katrin Sass, die Schlagzeugerin Tina Powileit, die Blockwalzerin Katrin Seyfarth, die Comiczeichnerin Anke Feuchtenberger, die Zahnarzthelferin Kerstin Bienert und die Tochter und Nachlass-Verwalterin der Malerin Annemirl Bauer, Amrei Bauer.
Jeder einzelnen von ihnen könnte ein eigener Film gewidmet sein, so voll ist ihr Erfahrungsschatz – hier hätte die Dokumentation den einzelnen Akteurinnen gern noch mehr Kontur und Raum geben und ihr Arbeiten, Leben und Wirken herausstellen können. Dennoch lassen diese 15 besonderen Stimmen ein vielfältiges Bild der Geschlechterbeziehungen in der DDR entstehen und der Film zeigt damit einige herausragende Akteurinnen in ihrem Einsatz für Frauen- und demokratische Rechte in der DDR.
Neben nahen Interviewsequenzen ergänzen zahlreiche Archivaufnahmen diesen Einblick. Auch im DDF finden sich zahlreiche Texte und Materialien zur Frauenbewegung in der DDR und Ostdeutschland. Ebenfalls sind einige Protagonistinnen des Films im DDF und mit vielen Verweisen auch im META-Katalog zu finden, wie Anke Feuchtenberger, die mit ihren Illustrationen für unter anderen den Unabhängigen Frauenverband oder die Zeitschrift Weibblick einen ikonografischen Stil für die Frauenbewegung in der späten DDR in den frühen 1990er-Jahren in Ostdeutschland prägte, oder Marina Grasse, der ersten und einzigen Gleichstellungsbeauftragten der DDR-Regierung.
Verwoben ist dies alles mit Perspektiven aus Kunst und Kultur. So spielt der Untertitel auf das zentrale Werk „Guten Morgen, du Schöne: Frauen in der DDR“ von der Autorin Maxi Wander an oder bindet geschriebene, gesungene oder filmische Zitate ein, wie von der feministischen Schriftstellerin Irmtraud Morgner, die 1983 schrieb: „Emanzipierte Frauen sind alle potentielle Dissidenten.“ (Mehr zu Autorinnenschaft in der DDR auch im DDF).
Der Film bietet damit einen spannenden Debattenbeitrag zu Fragen der Gleichberechtigung in und aus Ost und West. Die Protagonistinnen liefern darin viele Ansatzpunkte für kritische wie klischeefreie Auseinandersetzungen mit dem Thema – denn die Geschichte der Frauenbewegungen in der DDR und BRD, in Ost- und Westdeutschland ist noch lange nicht auserzählt. Was trennt, was verbindet Feminismen (dies fragte das DDF mit dem Dossier 30 Jahre geteilter Feminismus) – auch diese Frage bleibt aktuell, damals wie heute. Der Blick in die Geschichte zeigt: Feminist*innen verhalten sich seit jeher unbeugsam und setzen sich damit unerschrocken für die Demokratie und ihren Schutz ein. Der Film, der kurz vor relevanten Landtagswahlen in Deutschland erscheint, greift damit auch zentrale Inhalte der #unerschrocken-Kampagne des DDF auf. DIE UNBEUGSAMEN 2 erscheint damit in einer Zeit, in der der Wert von Gleichberechtigung wieder zu einem zentralen Gradmesser einer Demokratie wird.
DIE UNBEUGSAMEN 2 – GUTEN MORGEN, IHR SCHÖNEN! ist eine Produktion von BROADVIEW PICTURES in Koproduktion mit ZDF/3sat, gefördert mit Mitteln von Film- und Medienstiftung NRW, Medienboard Berlin-Brandenburg, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und des Deutschen Filmförderfonds. Produzent ist Emmy-Preisträger Leopold Hoesch.
Ab dem 29. August startet DIE UNBEUGSAMEN 2 bundesweit in den Kinos.
- Website: https://www.dieunbeugsamen-film.de/
- Facebook: https://www.facebook.com/DieUnbeugsamen.Film/
- Instagram: https://www.instagram.com/dieunbeugsamen.film
Das DDF unterstützt in Kooperation mit der Kommunikationsagentur JETZT & MORGEN als Partnerin den Kinostart des Films.