Sichtbarkeit für feministische Geschichte – der einzigartige Fotobestand des Alice Salomon Archivs
Fotografien illustrieren historische Ereignisse in besonderer Weise und stellen so eine wichtige Forschungsquelle dar. Bedeutend sind sie auch für die Geschichte der Frauenbewegungen. Bevor diese nachgenutzt werden können, müssen sie erschlossen und digitalisiert werden. Beides passiert im aktuellen DDF-Projekt des Alice Salomon Archivs der ASH Berlin (ASA).
Bilder sammeln: der wachsende Fotobestand im ASA
Das ASA besitzt einen einzigartigen Fotobestand von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1970er-Jahre, bestehend aus Einzelfotos, Serien und Fotoalben, analog wie digital, aus Abzügen, Negativen, Dias und Glasplatten. Abgebildet sind beispielsweise zentrale Akteur*innen der frühen Frauenbewegung und Sozialen Arbeit wie Alice Salomon (1872–1948), Gertrud Bäumer (1873–1954), Adele Beerensson (1879–1940) und Siddy Wronsky (1883–1947), dazugehörige Institutionen wie Ausbildungsstätten, Arbeitsorte und Freizeiteinrichtungen und Momentaufnahmen aus frauenbewegten Lebenszusammenhängen. Aufgenommen wurden die Bilder teils von bekannten Fotografinnen, wie Suse Byk (1884–1943), Frieda Riess (1890–1955) oder Lotte Jacobi (1896–1990), die zum Teil – wie Frieda Riess – ihre Ausbildung an der Fotografischen Lehranstalt des Lette Vereins Berlin absolviert haben. Die aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammende Frieda Riess führte nach dem Ersten Weltkrieg ein Fotoatelier am Kurfürstendamm, zu ihrer Klientel zählten Schauspieler*innen, Schriftsteller*innen und wichtige Persönlichkeiten aus Politik und Bewegungen.
Der Fotobestand des ASA ist über viele Jahre gewachsen und hat sich durch eine umfangreiche Schenkung der Familie Alice Salomons im Jahr 2022 – zum 150. Geburtstag Alice Salomons – nochmals vergrößert. Bevor dieser an das ASA gelangte, bedurfte es längerer Verhandlungen mit den Nachfahr*innen von Alice Salomon. Am Ende dieses Prozesses trafen die Unterlagen teils per Post im Archiv ein, teils wurden sie feierlich in großen Koffern persönlich von Nachfahr*innen an das ASA übergeben.
Wissen teilen: Umgang mit Fotografien in Bewegungsarchiven
Für die Prozesse, die im Kontext von der Beschaffung, Bearbeitung und Bereitstellung von Bildmaterialien nötig sind, entwickeln die einzelnen Bewegungsarchive oft eigene Standards und Strukturen. Bisher fehlt ein Konzeptpapier, das diese Abläufe erläutert und bündelt. Die Erfahrungen, die bei der Erschließung und Bearbeitung des ASA-Fotobestandes gesammelt werden, sollen in Verbindung mit bereits bestehendem Wissen in eine Handreichung für Bewegungsarchive einfließen. Für die Erstellung wird auch die Expertise weiterer i.d.a.-Einrichtungen eingeholt werden, im Sinne bewährter Praxiserfahrungen, die diese Handreichung mitgestalten.
Das ASA wurde 2001 eröffnet. Als öffentliches Archiv bildet es mit dem Archiv des Pestalozzi-Fröbel-Hauses das Archiv- und Dokumentationszentrum für soziale und pädagogische Frauenarbeit.
Das DDF-Projekt ist am 15. Januar 2024 gestartet und hat eine Laufzeit von 12 Monaten. Es werden Fotografien erfasst und digitalisiert und Rechte geklärt, um den Bestand für Interessierte, Studierende und Forschende nutzbar zu machen. Neben der Handreichung für Fotografien entstehen Essays über bedeutende Fotografinnen wie Suse Byk, Frieda Riess oder Lotte Jacobi, die zentrale Vertreter*innen der Frauenbewegung und aus dem Bereich Soziale Arbeit fotografisch festgehalten haben. Außerdem entsteht ein Essay über die Geschichte des ASA, erzählt anhand der Fotografien – für noch mehr Frauenbewegungsgeschichte im DDF.
Ausgewählte Beiträge vom ASA im DDF: