Mit Freund*innen die Welt verändern – raus zum 8. März!
Der Internationale Frauentag, unter anderem auch als Weltfrauentag oder feministischer Kampftag bekannt, ist in vielen Ländern feministische Tradition – und wichtiger Teil der internationalen Demokratiegeschichte. Inspiriert wurde er vom National Women’s Day, der in den USA von der Sozialistischen Partei Amerikas (SPA) erstmals 1909 veranstaltet wurde.
Über Grenzen hinweg verbunden
Als Schlüsselfigur wirkte hier Theresa Malkiel (1874–1949): Die jüdische Sozialistin immigrierte aufgrund der antisemitischen Verfolgung 1891 von Russland (Bar, heute Teil der Ukraine) in die USA. Hier arbeitete sie in einer New Yorker Kleiderfabrik, beschäftigte sich mit dem Frauenwahlrecht, Fragen der Einbürgerung und dem Zugang zu Bildung, schrieb für die Tageszeitung der Sozialistischen Partei – und führte als Gewerkschafterin besagten ersten Frauentag in den USA ein.
Die nordamerikanische Frauendemonstration für Wahlrecht und Arbeiterinnenrechte inspirierten auch in Europa zu weiteren Vernetzungen. Clara Zetkin (1857–1933) und Käte Duncker (1871–1853) griffen die Idee eines feministischen Tages begeistert auf und forderten aus Protest gegen die Unterdrückung der Frauen einen Frauenstreiktag: klassen- und länderübergreifend. Beschlossen wird der Internationale Frauentag bereits auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen: „Der Frauentag muss einen internationalen Charakter tragen…“, hieß es in der Resolution von 1910.
Nur ein Jahr später findet der Internationale Frauentag zum ersten Mal statt – ein feministischer Meilenstein: Europaweit demonstrieren ab 1911 hunderttausende Frauen vor allem für das Frauenwahlrecht. Ab 1921 wird der Internationale Frauentag regelmäßig auf den 8. März gelegt. Dieses Datum erinnert seither an Frauentagsdemonstrationen in Russland 1917, welche eine Streikwelle auslösten und schließlich zur Abdankung des Zaren führten.
Frieden, Solidarität, (Grund-) Rechte und Gleichstellung: Seither werden an diesem Tag feministische Perspektiven und Forderungen starkgemacht. Frauen und LSBTIQA* sind bis heute am stärksten von Mehrfachdiskriminierungen betroffen. Sie arbeiten häufiger in niedrig entlohnten Berufen, die für die gesellschaftliche Infrastruktur jedoch unverzichtbar sind. Parallel dazu tragen sie hauptsächlich die familiären Strukturen mit Pflegearbeit und Kinderbetreuung. Selbstbestimmung und Gewaltschutz bleiben grundlegende Forderungen.
Die Kraft politischer Freund*innenschaft
Eine wichtige Unterstützung in diesem Kampf bieten feministische Netzwerke, diese sind stark von Freund*innenschaft und feministisch-solidarischer Bündnisarbeit geprägt. Freund*innenschaft bildet jeher eine wichtige Basis für das Entstehen und Wirken der Lesben-/Frauenbewegungen. Frauen finden sich als Freundinnen, Liebes- und Lebensgefährtinnen zusammen. Gemeinsam schmieden sie Bündnisse und Netzwerke, die das gegenseitige Vertrauen stärken und der feministischen Bewegung Stabilität und Stärke verleihen. Berühmte Beispiele sind Anita Augspurg (1857–1943) und Lida Gustava Heymann (1868–1943) sowie Helene Lange (1848–1930), Anna Pappritz (1861–1939) und Getrud Bäumer (1873–1954).
Freund*innenschaft und solidarisch-feministische Bündnisse bringen das Patriarchat ins Wanken. Gemeinsamer Austausch, die Überwindung der Vereinzelung und Entsagung der Rivalität wirken befreiend. Der in freundschaftlichen Beziehungen gebotene Rückhalt ermöglicht es, aus patriarchalen Rollenerwartungen und Gemeinschaften auszubrechen. Aktivist*innen und Denker*innen, darunter zentral auch Adrienne Rich (1929–2012) und Audre Lorde (1934–1992), sahen in feministischen und queeren Verbindungen ein Akt gegen die patriarchale Tyrannei.
Unter anderem die Soziologin Ulla Wischermann charakterisiert die persönlichen Beziehungen unter Frauen und in Freund*innenschaften „als Basis für support-networks“. In diesen Netzwerken – seien es autonome Gruppen, Vereine oder Organisationen – unterstützen sich Frauen und Feminist*innen auf emotionaler, politischer, psychischer und wirtschaftlicher Weise. Insbesondere für mehrfachdiskriminierte Frauen und LSBTIQA* waren und sind solche Bündnisse überlebenswichtig, um in einer patriarchalen und heterosexistischen Gesellschaftsordnung bestehen zu können. Queere Lebensgemeinschaften, wie die von Tommy Thomas (1931–2018) und Helli D. oder die von Hilde Radusch (1903–1994) und Eddy Klopsch (1906–1960) sind eindrückliche Zeugnisse davon.
Feministische und solidarische Verbundenheit gestalten sich oft herausfordernd – es erfordert viel Einsatz von allen Beteiligten, Freund*innenschaft und feministische Netzwerke über Differenzen hinweg zu bilden und aufrechtzuerhalten. Angesichts erstarkender autoritärer, antifeministischer, queer- und transfeindlicher Systeme sind Netzwerke der Solidarität und Unterstützung dringlicher denn je. Die Geschichte feministischer Bewegungen bietet dabei Kraft und Inspiration, um an bestehende Bündnisse anzuknüpfen und diese zugleich neu zu denken. Franziska Schutzbach resümiert in ihrem Buch Revolution der Verbundenheit (2024): „Emanzipatorischer feministischer Wandel hat sich immer in Netzwerken von Frauen entsponnen, es ist die Verbindung, nicht die Trennung, die Transformationen bewirkt.“
Auch in diesem Jahr: Raus zum 8. März!
Der Aufruf „Bildet Banden!“ ziert seit den 1970er-Jahren Häuserwände. Am 8. März heißt es daher, zusammenzukommen und sichtbar zu sein und sich #unerschrocken gegen Vorurteile und Verbote und für Selbstbestimmung, Teilhabe und demokratische Rechte starkzumachen. Diesen ungebrochenen Feminismus braucht es auch aktuell, wenn weltweit patriarchal-autoritäre Systeme und Strömungen erstarken. Kriege, Krisen und Katastrophen befördern antidemokratische Entwicklungen, Sexismus, Rassismus und Antisemitismus. Dies gefährdet ganz konkret die Demokratie und damit die oft hart errungenen Rechte von Frauen und LSBTIQA*.
„Bildet Banden“ fordert deswegen auch die Musikerin und Aktivistin Sookee in der DDF-Produktion WHO CARES ABOUT HER*STORY? (2024). „Wir haben noch viel zu tun. Das Patriarchat schafft sich ja nicht von alleine ab!“ (Sookee)
Auf einen kraftvollen 8. März – für feministischen Streik und Erinnerungskultur!