Mehr Sichtbarkeit für feministische Geschichte

verfasst von
  • Steff Urgast
veröffentlicht 18. Dezember 2020

Ab 2021 ist das DDF Aggregatorin für die DDB und das Archivportal-D. Was heißt das konkret?

Die DDB und das Archivportal-D sind die zentralen Einrichtungen, um das Bibliotheks- und Archivgut, das gesammelte wissenschaftliche und kulturelle Erbe der Bundesrepublik Deutschland darzustellen. Durch ihren hohen Qualitätsstandard bieten sie gesicherte Informationen für Wissenschaft, Forschung und interessierte Öffentlichkeit.

Als Aggregatorin verteilen wir Daten aus unseren i.d.a.-Beständen nun so weiter, dass sie seitens der DDB und dem Archivportal-D korrekt eingebunden und vollständig angezeigt werden können.

Was bedeutet das für die Sichtbarkeit von feministischer Bewegungsgeschichte?

Das DDF ist derzeitig die einzige Aggregatorin mit dem Schwerpunkt Frauen- und Geschlechterforschung. Wird über die DDB oder das Archivportal-D zu feministischen Themen, Begriffen, Schlagworten gesucht, können nun Materialien aus dem META-Katalog wie Bücher, Zeitschriften, Fotos, Plakate und ganze Nachlässe gefunden werden.

Die Bestände der bundesdeutschen feministischen Erinnerungseinrichtungen werden einem noch größeren Publikum eröffnet, sie gewinnen damit an noch mehr Reichweite. Dies ist ein nächster und großer Schritt für das DDF und seinen META-Katalog. Feministische Bewegungsgeschichte wird zum Kulturerbe erhoben.

Wie gelangen die Daten von den lokalen feministischen Erinnerungseinrichtungen in die nationalen Recherchedatenbanken?

Das klingt einfach, ist jedoch ein langwieriger, kleinteiliger und technisch aufwendiger Prozess. Im ersten Schritt liefern uns die i.d.a.-Einrichtungen die Metadaten ihrer Materialien. Diese sind so strukturiert, dass wir alle relevanten Informationen zweifelsfrei auslesen können, zuordnen und anschließend in den META-Katalog importieren können. Diese werden damit für die Nutzer*innen und die datengebenden Einrichtungen sicht- und durchsuchbar. Über den META-Katalog können wir die Daten nun weiterverteilen.

In einem zweiten Schritt machen wir die Informationen also für externe Einrichtungen wie beispielsweise der DDB oder dem Archivportal-D zugänglich. Diese Institutionen machen dann im Grunde das, was wir zuvor getan haben, nur eben mit den Daten des META-Katalogs. Wir liefern die Metadaten und sie integrieren diese in ihre Systeme.

DDF-Mitarbeiter Marius Zierold gestaltet die Datenverarbeitung und -weitergabe des DDF.
privat
DDF-Mitarbeiter Marius Zierold gestaltet die Datenverarbeitung und -weitergabe des DDF.

Unterscheiden sich die Datenlieferungen an die DDB und das Archivportal-D?

Bei der Form der Daten, die wir liefern können, unterscheiden wir zwischen Bibliotheks- und Archivgut. Bibliotheksgut wird im META-Katalog durch die OAI-Schnittstelle zugänglich gemacht. Die Daten können somit einfach geharvestet, sprich geerntet werden, ohne dass wir dafür aktiv werden müssen.

Archivgut zeichnet sich im Unterschied dazu durch die Einbettung in einen bestimmten Kontext aus, die Tektonik: Eine Akte gehört zu einem Nachlass, einem Bestand oder einer bestimmten Sammlung. Ziel ist es hierbei, dass die Nutzer*innen in die Lage versetzt werden, die Materialien im Verbund mit anderen zur Sammlung gehörenden Materialien verorten zu können. Daten, die diese archivarischen Informationen beinhalten, werden im EAD-Format übermittelt und können nicht einfach abgerufen werden.

Aktuell noch im Testlauf sind Digitalisate und Informationen zur datengebenden i.d.a.-Einrichtung ab 2021 auch über die Deutsche Digitale Bibliothek findbar.
Screenshot Testseite
Aktuell noch im Testlauf sind Digitalisate und Informationen zur datengebenden i.d.a.-Einrichtung ab 2021 auch über die Deutsche Digitale Bibliothek findbar.
Mit dem Livegang 2021 sind feministische Bestände der BRD-Einrichtungen des i.d.a.-Dachverbandes im Archivportal-D recherchierbar.
Screenshot Testseite
Mit dem Livegang im ersten Quartal 2021 sind feministische Bestände der bundesdeutschen Einrichtungen des i.d.a.-Dachverbandes im Archivportal-D recherchierbar.

Als Bibliothekswissenschaftler koordinierst du die Datenaufbereitung und -weitergabe für das DDF. Worin lag die besondere Herausforderung?

Alle Informationen vom Titel bis zur rechtlichen Auszeichnung müssen am Ende an der richtigen Stelle stehen. Neben der Prozessgestaltung ist das meine Hauptaufgabe. Dabei haben wir zum einen Metadaten, die zum Beispiel ein Buch mit all seinen Informationen beschreiben. Diese rein formale Datenerfassung erreicht im rechtlichen Sinne keine Schöpfungshöhe, weshalb Metadaten in der Regel auch nicht urheberrechtlich geschützt sind. Sie dürfen weitergegeben werden. Anders ist dies bei Digitalisaten und Archivgut. Hier sind weitere Rechte wie Schutzfristen und Persönlichkeitsrechte zu beachten.

Die Verwendung von Digitalisaten im Internet ist alles andere als trivial. Es muss sichergestellt sein, dass Rechtssicherheit für Materialgeber*innen und Nutzer*innen besteht. Unter welchen Konditionen und von wem dürfen Digitalisate veröffentlich und verwendet werden? Diese rechtlichen Festlegungen, die durch Nutzungsverträge geregelt werden, müssen vollständig und korrekt dargestellt und übermittelt werden. Darüber hinaus muss auch immer ersichtlich sein, wer die Digitalisate freigegeben hat und zu welcher Einrichtung sie gehören.

Von lokal zu global: Sind Datenlieferungen an weitere Einrichtungen geplant?

Hinsichtlich der nationalen Einbindung der Frauenbewegungsgeschichte ist damit wieder ein sehr großer Schritt getan und ein neuer Meilenstein erreicht. Bedeutsam sind auch die Entwicklungen im europäischen Raum: Hier sind wir bereits jetzt Aggregatorin für das European Institute for Gender Equality (EIGE), welches Daten einzelner i.d.a.-Einrichtungen über das System des DDF sammelt und anzeigt.

Und die DDB tritt wiederum selbst als Aggregatorin für die Europeana auf, die als virtuelle Bibliothek das wissenschaftliche und kulturelle Erbe Europas zugänglich macht. Nicht nur der nationale Kontext wird daher bespielt, sondern zukünftig auch der europäische. Feministische Bestände europaweit für Forschung, Medien und Öffentlichkeit zu vernetzen und öffnen - dieses Ziel rückt damit in greifbare Nähe.

Ab dem ersten Quartal 2021 sind feministische Beständer der i.d.a.-Einrichtungen auch über die Deutsche Digitale Bibliothek und das Archivportal-D abrufbar.

Marius Zierold ist Bibliothekswissenschaftler und Entwickler von META, die Datenbank der deutschsprachigen Frauen- und Lesbenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen. META ist Vorläuferprojekt und Herzstück des DDF-Portals und wird von ihm verantwortlich weiterentwickelt.

Stand: 18. Dezember 2020

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