Feministische Friedensgeschichte bewahren: Das Erbe von Fasia Jansen und Ellen Diederich im Ruhrgebiet
Im Jahr 2024 musste die Friedensaktivistin Ellen Diederich (*1944) aus ihrer Wohnung in Oberhausen in ein Pflegeheim umziehen. Im Zuge dessen wurde die LIESELLE angesprochen, Materialien aus der Wohnung von Ellen Diederich in ihren Bestand aufzunehmen und zugänglich zu machen. Darin enthalten sind Bücher und Publikationen des Internationalen Frauenfriedensarchivs (IFFA) sowie Materialien aus dem Vorlass von Ellen Diederich, darunter Graue Literatur, kunsthandwerkliche Objekte, Fotografien, Ton- und Videoträger sowie Textilien, beispielsweise Fahnen von Frauenfriedensmärschen.
Das IFFA wurde 1989 von der afrodeutschen Liedermacherin, Friedensaktivistin und Feministin Fasia Jansen (1929—1997) und ihrer Partnerin Ellen Diederich gegründet, um die Arbeit der Frauen für den Frieden, ihren Widerstand gegen Krieg, Gewalt, Globalisierung und die Zerstörung der Natur zu dokumentieren und sichtbar zu machen. Nach Fasia Jansens Tod im Jahr 1997 wurde das Archiv in Internationales Frauenfriedensarchiv Fasia Jansen e.V. umbenannt. Das Archiv enthält Akten, Bücher, Broschüren, Plakate, Flugblätter, Fotos, Dias, Filme, Tonbandaufnahmen sowie Kunst- und Kulturgegenstände, die von Frauen in internationalen Frauenprojekten hergestellt wurden. Bereits 2019 wurde der Bestand des IFFA vom Archiv für alternatives Schrifttum in Duisburg (afas) übernommen, wo sich damit heute ein Großteil des Internationalen Frauenfriedensarchivs Fasia Jansen e.V. befindet.
Zentrales Ziel des diesjährigen DDF-Projekts der LIESELLE ist es, die 2024 aus Diederichs Vorlass übereigneten Materialien durch Erschließung zugänglich zu machen. Weiterhin sollen unter anderem Fotografien aus dem Bestand digitalisiert werden. Im Fokus des Projekts stehen außerdem die internationale Frauenfriedensbewegung und ihre Akteur*innen im Ruhrgebiet. Insbesondere soll im Projekt das regionale Wirken und Schaffen von Fasia Jansen sowie ihrer Partnerin Ellen Diederich adressiert werden sowie darüber hinaus auch ihre internationale Vernetzung.
Als Abschlussveranstaltung des Projekts finden am 21.–22. Oktober 2025 ein Podiumsgespräch und ein Workshop zum Thema „Was heißt Schwarze Archivpraxis? Von Leben und Lebendigkeit in Archiven“ am College for Social Sciences and Humanities in Essen statt. Die Veranstaltung wird organisiert von Jenny Oliveira Caldas, der Fasiathek (Arca – Afrikanisches Bildungszentrum e. V.) in Hamburg, Prof. Dr. Tahani Nadim sowie unterstützt durch Mitglieder der studentischen Initiative BIPoC denken der Ruhr-Universität Bochum. Zur Veranstaltung werden selbstorganisierte Archiv- und Bibliotheksinitiativen, Communityvertreter*innen sowie Wissenschaftler*innen eingeladen, die sich mit Schwarzen Archivbeständen beschäftigen.
Die Abendveranstaltung bildet den Auftakt zu einem eintägigen Workshop (22. Oktober 2025), der sich den oben genannten Fragen vertiefend widmet und den Austausch zwischen Wissenschaft, Community-Initiativen und Archivar*innen sucht. Speaker*innen an dem Abend werden sein: Ali*ne Benecke; Jovita Dos Santos Pinto, Universität Bern, Schweiz; Nicola Lauré al-Samarai.
Außerdem wird im Zuge der Abendveranstaltung der Film „Darf man etwa nicht so egozentrisch sein und seine Erfahrungen für sich behalten? Diasporisches Erinnern an Fasia Jansen“ (Deutschland / 2021 / 20 Min. / DCP / OmeU) von Ali*ne Benecke gezeigt.
Die LIESELLE wurde 1978 an der Ruhr-Universität Bochum gegründet und ist das älteste feministische Projekt der Universität. Neben einer großen queer*feministischen Bibliothek beherbergt sie auch Archivmaterialien von feministischen Gruppen aus Bochum seit den 1970er-Jahren sowie ein 1997 von Frauen aus lateinamerikanischen Ländern angelegtes spanisch- und portugiesischsprachiges Archiv.
Das DDF-Projekt der LIESELLE ist am 1. Februar 2025 gestartet und hat eine Laufzeit von elf Monaten. Darin werden der Bestandssplitter des Internationalen Frauenfriedensarchivs Fasia Jansen e.V. sowie einzelne Materialien aus dem Vorlass von Ellen Diederich erschlossen, digitalisiert und im META-Katalog zugänglich gemacht. Außerdem entstehen im Projekt ein Akteurinnen-Porträt über Ellen Diederich sowie ein Interview mit ihr über das gemeinsam mit Fasia Jansen aufgebaute Internationale Frauenfriedensarchiv.
Akteur*innenessay über Fasia Jansen im DDF.
Ausgewählte Beiträge der LIESELLE im DDF:
Akteur*innenessay zu „Wild durch die Lüfte, Kontinente und Zeiten“ – die Gründungsjahre des Frauenarchivs an der Ruhr-Universität Bochum
Essay Zur bewegten Geschichte des Autonomen Frauen- Lesbenreferats der Ruhr-Universität Bochum (1977–1990)
