Die erste Streitschrift

Unter dem Pseudonym Gräfin Gisela von Streitberg veröffentlicht Gertrud Gräfin Bülow von Dennewitz 1904 die erste feministische Streitschrift zur Abschaffung des § 218.

Unter dem Pseudonym Gräfin Gisela von Streitberg veröffentlicht Gertrud Gräfin Bülow von Dennewitz 1904 ihre Streitschrift Das Recht zur Beseitigung keimenden Lebens. § 218 des Reichs-Straf-Gesetz-Buches in neuer Beleuchtung. Nach bisherigen Erkenntnissen ist sie damit die erste Frau, die zu diesem Thema in einer eigenen Schrift die Abschaffung des § 218 forderte. Darin bezeichnet sie den Paragrafen als „eine grausame und schwere Benachteiligung des weiblichen Geschlechts“.1  Sie verweist auf die widersprüchliche Behandlung der Frauen im Strafgesetzbuch, wonach „die Frau von Rechts wegen behandelt wird wie eine Sache, aber verantwortlich gemacht und eventuell bestraft wird wie eine zurechnungsfähige Person“.2  Zugleich kritisiert sie Frauen, deren patriarchale und überholte Geschlechtervorstellungen einen „energischen Protest“3  gegen den § 218 verhindern würden.

Gertrud Gräfin Bülow von Dannewitz wurde am 22. September 1844 in Königsberg (heute Kaliningrad) geboren. Sie stammte aus einer alteingesessenen Adelsfamilie (von Bülow), deren Wurzeln bis in das 13. Jahrhundert zurückreichen. Nach Reisen durch Deutschland und die Schweiz ließ sich die Familie in Dresden nieder. Dort führte Gertrud Gräfin Bülow von Dannewitz 14 Jahre lang den Familienhaushalt. Nach dem Tod ihres Vaters begann sie als Schriftstellerin zu arbeiten. In ihren Texten setzte sie sich kritisch mit der Situation der Frauen und Mädchen im Kaiserreich auseinander und kritisierte den Bismarck-Kult ihrer Zeit.

Streitberg, Gisela von, 1904. Das Recht zur Beseitigung keimenden Lebens : § 218 des Reichs-Straf-Gesetz-Buches in neuer Beleuchtung
Stand: 17. Mai 2021
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Fußnoten

  • 1Streitberg, Gräfing Gisela v.: Das Recht zur Beseitigung keimenden Lebens. § 218 des Reichs-Straf-Gesetz-Buches in neuer Beleuchtung (1904), in: Janssen-Jurreit, Marielouise (Hg.): Frauen und Sexualmoral, Frankfurt a.M. 1986, S. 156‒164, hier S. 156.
  • 2Ebenda, S. 157.
  • 3Ebenda, S. 156.