- AddF - Archiv der deutschen Frauenbewegung; A-D1/00001
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Über Louise Otto-Peters
Kindheit und Jugend in Meißen, erste Veröffentlichungen
Louise Otto wurde am 26. März 1819 als jüngste Tochter des Gerichtsdirektors Fürchtegott Wilhelm Otto (1776–1836) und seiner Frau Christiane Charlotta, geb. Matthäi (1781–1835), in Meißen geboren und wuchs mit ihren Geschwistern im elterlichen Haus am Baderberg in bürgerlichen Verhältnissen auf. Einblick in Kindheitserlebnisse geben autographe Aufzeichnungen aus der Zeit nach 1871.
Weil für Mädchen ihrer Zeit der Schulbesuch nur bis zur Konfirmation möglich war, nahm sie an dieser ein Jahr später teil, um länger lernen zu können. Danach konnte sie sich nur noch autodidaktisch weiterbilden.
Ihre Eltern starben, als sie 16 Jahre alt war; 22-jährig verlor sie den Verlobten Gustav Müller, Advokat und Dichter in Dresden. Durch ihr kleines elterliches Erbe war sie zunächst finanziell abgesichert. Früh wandte sie sich dem Schreiben zu. Zuerst entstanden Gedichte. Ab 1843 trat sie mit Romanen und journalistischen Beiträgen an die Öffentlichkeit. Sie nahm Verbindung zu Literaten in Leipzig auf und kam mit der freireligiösen Bewegung, die Frauen Mitspracherechte gewährte, in Berührung. In ihrem Buch Schloß und Fabrik, das zu den wichtigen sozialkritischen Romanen des Vormärz zählt, zeigte sie die Folgen der Industrialisierung für alle Stände auf; es durfte 1846 nur zensiert erscheinen. Die erste unzensierte, vollständige Ausgabe erschien nach dem Auffinden und Einfügen der zensierten Stellen durch Johanna Ludwig 1996 in Leipzig.
Schon damals sah Louise Otto in der Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht. 1847 erregte ihre politisch brisante Gedichtsammlung Lieder eines deutschen Mädchens Aufsehen.
Revolutionszeit und Frauen-Zeitung
In der Revolutionszeit 1848/49 veröffentlichte Louise Otto zahlreiche Artikel und Gedichte. Dazu zählte ihre Adresse eines Mädchens an den hochverehrten Minister Oberländer, an die von ihm berufene Arbeiterkommission und an alle Arbeiter vom Mai 1848, in der sie von der sächsischen Regierung forderte, bei der Organisation der Arbeit die Frauen nicht zu vergessen. In darauffolgenden persönlichen Gesprächen mit den Ministern Martin Gotthard Oberländer (1801–1868) und Robert Georgi (1802–1869) wies Louise Otto auf das Recht der Frauen auf Erwerbsarbeit und auf die dafür notwendige Kinderbetreuung hin. In dieser Zeit organisierte sie Versammlungen und empfing Abordnungen von Arbeitern. Eine Besonderheit Louise Ottos ist es, dass ihr Engagement trotz bürgerlicher Sozialisation von Anfang an der Verbesserung der Lage aller Frauen galt, auch der proletarischen.
Ab 1849 erschien ihre Frauen-Zeitung. Unter dem Motto ‚Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen‘ bot sie Frauen aller Klassen ein Podium zum Informationsaustausch. Das Königreich Sachsen reagierte darauf Ende 1850 mit einem neuen Pressegesetz, das Frauen die Herausgabe und Mitredaktion von Zeitungen verbot (Lex Otto). Danach erschien die Frauen-Zeitung noch bis Mitte 1852 im reußischen Gera (Fürstentum Reuß) (und von April bis Juni 1853 als Deutsche Frauen-Zeitung in Leipzig). Sie war damit die erste langlebigere Frauenzeitung dieser Zeit.
Ebenfalls 1849 lernte Louise Otto bei einem Besuch ihrer Schwester Antonie in Oederan den Schriftsteller und Journalisten August Peters (1817–1864) kennen. Als Teilnehmer an den Revolutionskämpfen 1848/49 musste dieser sieben Jahre Kerkerhaft verbüßen. Sie verlobten sich während der Haftzeit und heirateten 1858 im Dom zu Meißen. 1860 folgte Louise Otto ihrem Mann nach Leipzig, wo sie das Feuilleton der von ihm geleiteten Mitteldeutschen Volks-Zeitung betreute. 1864 starb August Peters.
Einen Einblick in Lebensverhältnisse, Ansichten und Ziele Louise Ottos geben ihre Tagebuchaufzeichnungen 1849–1857.
Begründung der organisierten deutschen Frauenbewegung
Im Februar 1865 gründeten Louise Otto-Peters, die Lehrerin Auguste Schmidt (1833–1902), die Schulvorsteherin Ottilie von Steyber (1804–1870), die Fröbel-Pädagogin Henriette Goldschmidt (1825–1920) und andere den Frauenbildungsverein, der den Beschluss fasste, im Oktober eine gesamtdeutsche Frauenkonferenz einzuberufen. Auf der vom 15. bis 18. Oktober 1865 in Leipzig abgehaltenen Konferenz wurde der Allgemeine Deutsche Frauenverein ADF gegründet. Erste Vorsitzende beider Vereine war Louise Otto-Peters, ihre Stellvertreterin war Auguste Schmidt. Im überregional agierenden ADF wagten Frauen die Selbstorganisation; Männer waren wichtige Berater, aber im Verein nur als Ehrenmitglieder zugelassen. Ziel war nicht Wohltätigkeit, sondern Hilfe zur Selbsthilfe: der Zugang von Frauen zur schulischen, beruflichen und universitären Bildung und damit zur eigenständigen Erwerbsarbeit. 1866 erschien Louise Ottos Schrift Das Recht der Frauen auf Erwerb. So wichtig wie wirkungsvoll für die Verbreitung der Ideen des ADF war dessen Zweiwochen-Zeitschrift Neue Bahnen, die ab 1866 erschien. In diesem Jahr hatte der ADF 75 Mitglieder, 1870 waren es bereits mehr als 10.000. Louise Otto-Peters war bis zu ihrem Tod 1895 gemeinsam mit Auguste Schmidt Herausgeberin und Redakteurin des Blattes.
Berufstätigkeit und Vereinsarbeit
Ihr jahrzehntelanges verantwortliches Wirken in den Frauenvereinen leistete Louise Otto-Peters ehrenamtlich; ihren Lebensunterhalt verdiente sie erfolgreich als Schriftstellerin und Journalistin. Sie veröffentlichte etwa 60 Bücher, darunter 28 meist mehrteilige Romane, Erzählungen, Novellen, Opernlibretti, historische Reflexionen, Streitschriften und Essays, dazu ungezählte Gedichte sowie journalistische Beiträge, war Mitglied des Schriftstellerverbandes und des von ihr mitgegründeten Leipziger Schriftstellerinnen-Vereins. 1868 wurde ihr 25-jährige Schriftstellerinnen-Jubiläum feierlich begangen. Den Festvortrag im großen Saal der Buchhändlerbörse zu Leipzig hielt Henriette Goldschmidt.
Aus der Zeit nach 1871 sind autographe Aufzeichnungen Louise Ottos zu ihren Erlebnissen und Erfahrungen erhalten – Vorarbeiten zu einem Lebensrückblick.
1892 übergab Louise Otto-Peters die Leitung des Frauenbildungsvereins an Auguste Schmidt. Ihren letzten öffentlichen Auftritt hatte sie Ostern 1894 zur Einweihung der von Dr. Käthe Windscheid (1859–1943) in Leipzig geleiteten Gymnasialkurse des ADF, welche Mädchen als Voraussetzung eines Universitätsstudiums auf das Abitur vorbereiteten.
Am 13. März 1895 starb Louise Otto-Peters 76-jährig an den Folgen einer Lungenentzündung in ihrer Mietwohnung Kreuzstraße 29. Bei ihr waren in den letzten Stunden ihre Nichte Anna Niedermüller (1857–1936) und Dr. Anna Marie Kuhnow (1859–1923), Leipzigs erste approbierte Ärztin, die beide zur ‚Töchtergeneration‘ der Begründerinnen des ADF gehören.
Erinnerung, Gedenken, Namensgebungen
In Leipzig erinnern im öffentlichen Raum und in Gebäuden an Louise Otto-Peters:
- der Grabstein August Peters und Louise Otto-Peters (Alter Johannisfriedhof);
- das Louise-Otto-Peters-Denkmal im Rosental von 1900 mit der Gedenktafel der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. von 2000/2017;
- der Louise-Otto-Peters-Gedenkstein der LOP-Gesellschaft e.V. von 1995 (Kreuzstraße 31);
- die ADF-Gedenktafel der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. von 2015;
- der Baum der LOP-Gesellschaft für Louise und Auguste im Friedenspark (vorm. Neuer Johannisfriedhof) von 2016;
- die Gedenktafel für Louise Otto-Peters in der Zentrale der Deutschen Bank (Straße des 18. Oktober, 04103 L.);
- das Porträt Louise Otto-Peters von Klaus H. Zürner (1932–2010), von 1998 in der Porträtgalerie der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (Senatssaal, 04275 L.).
Auch am Geburtshaus in Meißen befindet sich eine Gedenktafel für Louise Otto-Peters. Zum 200. Geburtstag wurde am 26.03.2019 eine frauenorte sachsen-Gedenktafel des Landesfrauenrates Sachsen e.V. für Louise Otto-Peters in der Roten Schule Meißen, in der sie einige Jahre gelernt hatte, eingeweiht. Folgende Straßen, Plätze und Einrichtungen wurden bisher nach ihr benannt
- Louise-Otto-Peters-Platz seit 1934 (04105 Leipzig);
- Louise-Otto-Peters-Allee seit 2006 (04159 Leipzig);
- Louise-Otto-Peters-Straße in Halle/S. und Freiburg/Br.;
- Louise-Otto-Straße in Meißen;
- Luise-Otto-Peters-Weg in Hamburg-Bergedorf; (dortige Schreibweise)
- Senior/innen-Wohnpark Louise Otto-Peters in Annaberg-Buchholz;
- Seniorenzentrum Louise Otto-Peters in Meißen;
- Louise-Otto-Peters-Schule, Gymnasium der Stadt Leipzig seit 2013;
- Louise-Otto-Peters-Schule Hockenheim und Wiesloch, Berufsfachschule.
Seit 1993 widmet sich die gemeinnützige Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. dem Ziel, Leben und Werk von Louise Otto-Peters weiter bekannt zu machen und zu würdigen. In ihrem 1997 gegründeten Louise-Otto-Peters-Archiv werden alle Veröffentlichungen von sowie über Louise Otto-Peters gesammelt, erschlossen und Interessierten zugänglich gemacht.
Seit 2015 vergibt die Stadt Leipzig den mit 5.000 € dotierten Louise-Otto-Peters-Preis in Würdigung herausragender Leistungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern.
Netzwerk von Louise Otto-Peters
Zitate von Louise Otto-Peters
Biografie von Louise Otto-Peters
Ausgewählte Publikationen
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Ludwig, Johanna: Otto-Peters, Louise (Pseudonyme: Otto Stern, Malwine von Steinau), in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., bearb. von Martina Schattkowsky.
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Schötz, Susanne: „Menschen werden wollen die Frauen und teilnehmen am Kranz der Arbeit und des Sieges.“ Visionen von Emanzipation, Gemeinsinn und Gesellschaftsreform in der ersten deutschen Frauenbewegung, in: Swen Steinberg / Winfried Müller (Hg.): Sinngebung für Wirtschaft und Gemeinschaft. Konfessionelle und nichtreligiöse Gemeinsinnsmodelle im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin 2013.
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Schötz, Susanne: (Leipzig als) Wiege der deutschen Frauenbewegung, S. 222-226, und: (Leipzig als) Ausgangspunkt weiterer emanzipatorischer Bewegungen, S. 228-232, in: Geschichte der Stadt Leipzig, Bd. 3: Vom Wiener Kongress bis zum Ersten Weltkrieg, hg. v. Susanne Schötz. Leipzig 2018.